Zeitvertreib

Wie spät ist es?

Die Zeit, die ist ein sonderbares Ding.
Wenn man so hinlebt, ist sie rein gar nichts.
Aber dann auf einmal,
da spürt man nichts als sie:
Sie ist um uns herum,
sie ist auch in uns drinnen.
In den Gesichtern rieselt sie,
im Spiegel da rieselt sie,
in meinen Schläfen fliesst sie.
Und zwischen mir und dir da fliesst sie wieder.
Lautlos, wie eine Sanduhr.
Manchmal hör ich sie fliessen unaufhaltsam.
Manchmal steh ich auf, mitten in der Nacht und
lass die Uhren alle stehen.
Allein man muss sich auch vor ihr nicht fürchten.
Auch sie ist ein Geschöpf des Vaters. Der uns
alle geschaffen hat.
Hugo von Hofmannsthal (1874 – 1929)

Wie spät ist es?

Was ist Zeit eigentlich? Hat wirklich alles seine Zeit? In wessen Händen steht meine Zeit? Gestern war Ewigkeitssonntag. Ewigkeit? Heißt es nicht, nichts ist für die Ewigkeit? Mascha Kaleko schrieb in einem ihrer Gedichte, das die Zeit still steht und wir es sind, die enteilen. Wer von uns würde sich nicht freuen über mehr Zeit? Zeit für sich, für die wichtigen Menschen in unserem Leben. Zeit für Stille. Wir wollen sie gerne kontrollieren, im Griff haben, managen. Ganze Bücherregale voller Ratgeber zum optimalen Umgang und Eintakten unseres Lebens in den Rhythmus der Uhr. Uhren gibt es viele, an Kirchtürmen, an unseren Handgelenken, auf den Computern und Anzeigetafeln. Überall können wir sehen, ob wir noch „in der Zeit“ liegen, den Bus bekommen, pünktlich sind oder wie lange es noch dauert. Warten aushalten. Zeit anhalten und Zeit vorantreiben. Meistens vergehen die schönen Momente zu schnell und die unangenehmen dauern viel zu lang. Unsere Geschichten überdauern den Moment. Rückblickend erst, verstehen wir oft, dass manches eben seine Zeit brauchte. Dass wir Zeit brauchten.