„Die größte Narbe, die ein Herz tragen kann, ist die Wunde, die die Liebe schlägt.“, tönt es bei Nietzsche dramatisch. Doch ist bedingungslose Liebe nicht eben die, die nicht einnimmt, nicht verletzt?
Ist es nicht die, die besteht, die glaubt und hofft und alles duldet. Wenn wir also unser Herz öffnen, uns ganz und gar hingeben, birgt es wirklich das Risiko, verletzt zu werden? Ist es dann eine bedingungslose Liebe? Oder müssen wir, um zu ihr gelangen zu können, erst einmal tief durch Verletzungen tauchen? Hinabsteigen in unsere Tiefen, um dann wieder aufzutauchen mit offenem Herzen?
Entscheiden wir uns für die Liebe, entscheiden wir uns mutig, Verletzlichkeit zuzulassen. Im Moment des Verliebtseins ist das keine Frage, die sich direkt stellt. Ein eher leises Raunen in uns weist uns sanft darauf hin, dass wir unser Herz gut hüten mögen. Wenn wir es hören, hilft es, dass wir bei uns bleiben. Und uns in unserem bisherigen Sein nicht aufgeben, in dem wir im anderen aufgehen. Denn dieser Weg führt mitunter weit weg von uns selbst. Manchmal direkt in die Einsamkeit.
Wenn es uns gelingt, alle Eitelkeit zu überwinden und das Unbehagen der vermeintlichen Verletzlichkeit einzugehen, wird die Liebe zur staunenden Reise. Sie verändert uns. Sie trägt uns. Lässt uns wachsen. Die Liebe verändert ihre Blickwinkel. Kein Tag ist wie der andere. Jeder Blick, jede Berührung ist verändert, wenn wir genau hinschauen. Neugierig können wir bestaunen, wie der Weg sich schlängelt, wie die Liebe rätselhaft im positivsten Sinne bleibt.
Anais Nin schrieb: „Die einzige Liebe, die uns verletzen kann, ist die Liebe, die uns nicht verletzt.“ Vielleicht ist es die Verwundbarkeit, die uns zeigt, wer wir sind und und die tiefste Form der Liebe erleben lässt. Wenn wir ein Stück weit uns selbst überwinden. Und das zu tun, immer wieder auf´s neue, das ist es doch, was uns lebendig hält, oder?