Eine grundlegende philosophische Frage beschäftigt viele Menschen: Wie sollen wir unser Leben gestalten, wenn es letztendlich so kurz und vergänglich ist?
Das Leben ist ein Wimpernschlag
„Das Leben ist ein Wimpernschlag, ein gehauchtes Etwas“, sagte mein Opa früher oft. Mich hat es erschreckt und ich dachte, wie es trotzdem gelingt, dass die Menschen so fröhlich sein können. Dass sie nicht verzweifeln angesichts der Kürze der Zeit, die ihnen zwischen dem Nichts und dem Nichts zur Verfügung steht. In diese Zeit können sie alles hineinpacken, Ausbildungen machen, studieren, heiraten, Kinder großziehen, ins Museum gehen oder zum Sport. Ich dachte damals, wenn die Zeit ja ohnehin vergeht, könnte man wahrscheinlich auch einfach abwarten, was so passiert. Sich treiben lassen. Anfang und Ende ändern sich dadurch nicht, auch nicht die Zeit dazwischen.
Wie lebe ich glücklich?
Womit also füllen, fragte ich mich? Was ist mir wichtig? Was macht mich glücklich? Und wie lässt es sich mit dem Gedanken leben, dass wir alles, was wir uns erarbeiten und lieben, am Ende ja doch wieder hergeben müssen? Wird es damit leichter oder schwerer durchs Leben zu gehen? Ich dachte während der Studienzeit viel über das Thema Glückliches Leben nach. Fand mich am Ende aber mit mehr Fragen als Antworten wieder.
Die Sonne scheint immer
„Was erhält der Mensch dann durch seinen ganzen Besitz und durch das Gespinst seines Geistes, für die er sich unter der Sonne anstrengt?“, lautet die Frage im Buch Kohelet in der Bibel. Ist es Freude? Ist es Dankbarkeit? Sind es die kleinen Momente, die denen unser Herz vor Freude hüpft, wir uns besonders spüren?
Kohelets rät zur Dankbarkeit: Für unser Leben. Für die Liebe, die wir geben und bekommen. Für die Sonnenstrahlen am Morgen. Für das Telefonat mit der Oma. Für eine Umarmung. Für Freunde usw. Daraus lässt sich Lebensmut gewinnen und Zuversicht. Gönnen wir uns also immer wieder Momente, in denen wir zu Außenbeobachtern unseres Lebens werden. Was sehen wir dann? Das Leben verändert sich laufend. Nichts bleibt, wie es ist. Was wir sehen, wird immer etwas anderes sein.
Alles hat seine Zeit
Im Leben scheint es für alles eine Zeit zu geben: Für den neugierigen, aber unsicheren Aufbruch in der Jugend. Für abenteuerliche Begegnungen mit Menschen, die unseren Weg ein Stück teilen oder länger. Für aktives Schaffen und für Auszeiten. Für das Kinder großziehen mit all der Anstrengung, Sorge und den beglückenden Freudentränen. Für die Vergebung, manchmal erst nach sehr langer Zeit. Für Phasen des Schmerzes und des Leidens, aus denen wir manchmal erhobener und stärker hervorgehen. Für das Loslassen und Abschiednehmen. Wir gehen durch all die Gefühle.
Lassen wir uns also darauf ein und machen uns immer wieder die Geschenke des Lebens bewusst und geben sie im besten Fall weiter. Machen wir uns die Liebe bewusst, die uns umgibt und trägt, können wir uns dem stellen.
„Die Zeit steht still.
Wir sind es, die enteilen.“ (Mascha Kaleko)